Der Tagesspiegel, 15. April 2009
Während sich ihre Altersgenossen über die Feiertage die Bäuche mit Schokolade vollgeschlagen haben, saßen die Musiker des Berliner Landesjugendorchesters schwitzend über ihren Noten. Als krönender Abschluss der österlichen Arbeitsphase winkte den 58 Nachwuchsinstrumentalisten ein Auftritt im Konzerthaus. Am Beginn des interessanten skandinavischen Programms steht ein Opus 1 – wie passend für die Newcomer-Truppe: die Ossian-Ouvertüre, mit der Niels Gade sich 1841 in der Musikmetropole Leipzig präsentierte. Eine frühromantische Tondichtung, die die Musiker noch etwas schüchtern angehen. Wie Selbstbewusstsein klingt, demonstriert anschließend die 20-jährige Julia Kammerlander im (leider etwas aus der Mode gekommenen) Klavierkonzert von Edvard Grieg. Erstaunlich, wie kaltblütig sie die virtuosen Passagen angeht, wie die zierliche junge Frau pianistische Pranke zeigt, wo es nötig ist. Am meisten aber begeistert die chopineske Eleganz, mit der sie die Melodien modelliert – so kann ein Kitschverdacht gar nicht erst aufkommen.
In Jean Sibelius‘ 1. Sinfonie hält Dirigent Hermann Bäumer den Erregungspegel hoch, setzt auf Emphase statt Analyse der asymmetrischen Klangarchitektur. Ein angemessener Interpretationsansatz: Das Nebeneinander krasser Kontraste dürfte den 14- bis 25-jährigen Jugendlichen aus ihrem eigenen Leben bestens bekannt sein. Frederik Hanssen